3. Dezember 2017

Der erste Job – Tauranga 30.10.2017 – 03.12.2017

Nach unserem Kurztrip nach Rotorua und Taupo kamen wir am Montagabend zurück nach Tauranga in die Bell Lodge. Uns wurde eine Unit zugewiesen, mit einem eigenem Badezimmer und Küche, da die anderen Zimmer alle belegt waren. Dafür mussten wir pro Person nur 160$ pro Woche bezahlen, was wirklich ziemlich günstig ist. Doch die Bewertungen, die wir uns im Internet angeschaut hatten, waren alle ausnahmslos negativ. Es wurde von einem aggressiven Besitzer geschrieben und einem unhygienischen, dreckigen Zustand der Zimmer und der Gemeinschaftsküche. Leider muss ich die meisten dieser Eindrücke bestätigen. Über die aggressiven Besitzer konnten wir noch keine Auskunft geben, da diese für zwei Wochen verreist waren und wir erst einmal nur ihre Vertretung kennengelernt haben, die eigentlich ganz nett war. Aber das ganze Hostel war wirklich super dreckig. An einem Tag kam sogar ein „pest control – rent to kill“ Auto in die Bell Lodge. In der Gemeinschaftsküche gab es nur eine Pfanne und zwei Töpfe, sodass man abends immer lange warten musste, bis die Sachen frei wurden. Und insgesamt waren die Leute, die in diesem Hostel rumliefen, alle etwas eigenartig. Und dann noch diese verschmitzt grinsende Glocke auf den Schildern...Wir fühlten uns einfach nicht wohl dort, aber wenigsten waren wir die ersten beiden Wochen in der Unit, konnten die Küche und das Bad dort benutzen und waren insgesamt etwas separiert.



Aber genug gemeckert, kommen wir jetzt zu unserem lemon picking job. Am Dienstagmorgen war unser erster Arbeitstag. Wir arbeiten nicht alle auf dem selben „Orchard“, aber direkt nebeneinander bei zwei befreundeten Zitronenbauern. So setzten uns Jan und Niels jeden Morgen um kurz vor acht bei Russell, unserem Arbeitgeber ab und fuhren dann noch ein kleines Stückchen weiter zu der Plantage ihres Chefs Bob.
An unserem ersten Tag mussten wir erst einmal die Sicherheitsvorschriften mit Russell durchgehen und er zeigte uns unsere Arbeitsausrüstung. Diese besteht aus einer Tasche, die über Schulter und Hüfte geschnallt wird, Baumwollhandschuhen und einem Zitronenknipser. Als er uns gerade seine Zitronenfelder zeigen wollte, trafen wir zum ersten Mal auf unsere künftigen Arbeitskollegen. Trish, eine super liebe und herzliche Neuseeländerin. Sie arbeitet schon seit vier Jahren auf der Plantage. Ihre Tochter Mania, die nur ein Jahr älter ist als wir und sich neben ihrem Studium etwas Geld dazu verdienen will. Und Christina war die ersten beiden Wochen dabei. Sie kommt aus Deutschland und bleibt für ein Jahr in Neuseeland, ist aber schon 28 und hat für knapp drei Monate dort gearbeitet, um sich Geld für ihre Weiterreise zu verdienen.
Alle zusammen gingen wir in Russells Haus, denn es war morning tea time. Wir bekamen einen Tee und selbstgebackenen Kuchen, kein schlechter Beginn des ersten Arbeitstages. Nele und ich fühlten uns schnell wohl bei Russell, denn wirklich alle waren super nett und offen.
Nach der kleinen Stärkung ging es dann ans richtige Arbeiten. Trish und Russell zeigten uns, welche Früchte wir „picken“ sollen und welche am Baum bleiben, wie genau man schneidet usw… Am Anfang arbeiteten Nele und ich an getrennten Bäumen mit jeweils einer der anderen beiden Erfahrenen. So konnten sie uns noch etwas über die Schulter schauen. Aber spätestens nach einer Woche hatten man den Dreh aus und wurde schneller. Die Arbeit ist körperlich ziemlich anstrengend, denn viele Früchte kann man nur gebückt pflücken oder muss auf den Baum hinaufklettern. Und eintönig, denn das Prinzip ist logischerweise immer das gleiche: So lange Früchte „picken“ bis der „bag“ voll ist, den „bag“ in der „bin“ ausleeren, zurück zum Baum, so lange weiter machen, bis am Baum keine Zitronen mehr sind und dann zum Nächsten. Das fieseste sind aber die „spikes“. Ich wusste echt nicht, dass Zitronenbäume solche krassen Stacheln haben. Meine Arme sind so unglaublich zerkratzt und das obwohl wir uns ein langärmliges Arbeitshirt im second hand shop gekauft haben.
Bei heißen Wetter in praller Sonne ist es besonders schön langärmlig zu arbeiten. Aber schlimmer ist es bei Regen. Wir können uns zwar von Russell einen raining coat ausleihen, aber man wird trotzdem komplett nass, weil die Flüssigkeit in die Ärmel rein läuft, wenn man sich streckt. An einem Tag war es so schlimm und Nele und ich waren so durchgefroren, dass Trish unsere Klamotten in der Mittagspause schnell in den Trockner getan hat. Meistens sind wir später zur Arbeit gekommen, wenn es morgens geregnet hat, aber selbst wenn es aufgehört hatte, waren die Bäume noch komplett nass. An manchen Tagen, wenn es stark regnete, fiel die Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser und wir bekamen den Tag spontan frei. Ansonsten arbeiteten wir jeden Tag von 8 Uhr bis 15:30 Uhr. Dabei hatten wir eine bezahlte Frühstückspause, die „morning tea time“ von 10:30 – 10:45 Uhr und eine halbe Stunde Mittagspause um 13 Uhr. An einem Tag haben wir sogar samstags gearbeitet.
Nele und ich mussten nach der Arbeit noch eine halbe Stunde auf die Jungen warten, da die bis 16 Uhr arbeiteten. Netterweise hat uns Russell sein Wlan Passwort gegeben, um die Zeit zu überbrücken. Das war echt praktisch, denn das Wlan in der Bell Lodge funktionierte leider nicht.



Wenn wir dann von der Arbeit zurückkamen waren wir alle ziemlich kaputt und hungrig. Meistens machten wir uns nur noch etwas zu essen, spielten ein bisschen Karten und gingen dann schlafen. Das einzig gute an der Bell Lodge war, dass es dort viele Dvds gab, die man sich ausleihen konnte. Unter anderem auch die Herr der Ringe und Hobbitteile. Es war echt cool, die Teile nochmal zu gucken, nachdem wir in Hobbitton waren. Wir haben vieles wieder erkannt und haben mehr auf Details geachtet. Außerdem haben wir alle jetzt jeweils einen Spitznamen einer der Charaktere. (Nele ist Gimli haha)
Nach den zwei Wochen in der Bell Lodge kamen die Besitzer wieder. Wir hatten zuerst echt Angst in das Büro zu gehen. Aber sie waren gar nicht so schlimm wie im Internet beschrieben. Also merkwürdig, wie alle Leute dort, aber auch nicht mehr als die anderen. Die schlechte Nachricht war aber, wir mussten aus der Unit raus. Und dann kamen wir nicht mal in ein Zimmer, sondern wurden auf drei verschiedene aufgeteilt. Wir alle wollten nur noch weg aus der Bell Lodge. So kamen wir auf die Idee, den Arbeitergeber der Jungen, Bob, zu fragen, ob wir dort wohnen können. Denn Jan und Niels hatten gesehen, dass es neben der Scheune noch ein kleines extra Häuschen gab. Und Bob war einverstanden! So konnten wir nach drei Wochen endlich die Bell Lodge verlassen und es hatte eigentlich nur Vorteile. Zum Einen, war das Haus super gut eingerichtet, sauber und noch 50$ pro Woche günstiger als die Bell Lodge. Zum anderen müssen wir nicht mehr jeweils eine halbe Stunde zur Arbeit und wieder zurück fahren, sparen Tankkosten und können länger schlafen.
Das komische in der Bell Lodge war, dass anscheinend beim Besitzerwechsel irgendwie unter gegangen war, dass wir für eine Woche nicht bezahlt hatten. Wir wunderten uns die ganze Zeit, wann sie wohl auf uns zu kommen und das Geld einforderten. Aber niemand kam. Am Vorabend unseres Umzuges gaben wir die Schlüssel ab, erhielten unser key deposit zurück und checkten aus. Und immer noch hatten sie nichts gesagt. Als wir aus dem Büro rauskamen, konnten wir unser Glück kaum fassen. Jeder von uns hatte 160§ gespart. Aber zu früh gefreut. Natürlich ist es doch noch aufgefallen, aber immerhin waren wir jetzt endlich aus der Bell Lodge raus und fuhren mal wieder mit einem total überfüllten Auto zu Bob.



Das Wochenende probierten wir, so weit es das Wetter erlaubte, zu nutzen, um möglichst viel zu unternehmen. An einem Tag sind wir zum Kaimai-Mamaku-Forest gefahren und haben dort einen Historical walkway gemacht. Das war ziemlich cool, denn nicht nur die Landschaft war schön. Man hat sich gefühlt wie ein Entdecker, der Weg ging durch einen langen Tunnel, über Hängebrücken und auf Schienen entlang durch eine alte Goldmine.




Wir waren am nahe gelegenen Mount Manganui, sind dort den Strand entlang geschlendert und haben den Surfern zusehen. Das war auch der erste Tag, an dem das Wetter endlich mal richtig schön war. Als wir den Mount Manganui erklommen haben, sind wir ziemlich ins Schwitzen gekommen. Aber von oben hatten wir einen grandiosen Ausblick. Danach haben wir uns zur Belohnung ein Eis geholt und es genüsslich am Strand geschleckt. Und wen haben wir dann mal wieder getroffen. Den Robert!
Das war schon echt ein Zufall.






Als das Wetter gut war, sind wir nach der Arbeit auch einfach nochmal zum Strand gefahren und haben uns ein wenig in die Sonne gelegt. Baden, waren wir im Meer bisher aber noch nicht.
Und an einem anderen Tag waren wieder am Strand, sind dann noch durch die Innenstadt gebummelt und Nele und ich haben leckere Waffeln gegessen.



An den Mc Larren Falls, die hier direkt um die Ecke sind, waren wir auch häufiger am Wochenende oder nach der Arbeit und haben uns in die Sonne gelegt. Einmal waren wir dort sogar schwimmen. Das ist einfach so cool, dass man direkt nebenan einfach Wasserfälle hat, wo man nach der Arbeit hinfahren kann, um sich ein wenig zu entspannen.



Nele, Jan und ich sind an einem Sonntag in das Kaiate Scenic Reserve & Rerekawau Falls gefahren. Am Anfang gibt es drei einzelne Wasserfälle und wenn man weiter geht, kommt man zu einem Großen und einer super Bademöglichkeit. Wir haben uns sofort vorgenommen dort noch einmal mit Badesachen hinzufahren. Wie gesagt, so getan. Am heißesten Tag den wir hier hatten, mit 26 Grad, Sonnenschein und einem wolkenlosen Himmel, arbeiteten wir nur bis zum Mittag und fuhren dann nochmal ins Reserve. Arbeiten war an diesem Tag eh unerträglich, da wollten wir das super Wetter lieber anders nutzen. Und es war einer der schönsten Ausflüge, die wir gemacht haben für mich. Wir sind neben dem Wasserfall von einem Felsen ins Wasser gesprungen, es war einfach traumhaft. Ich meine sieht das nicht paradiesisch aus?


Aber es ist echt krass, was die Sonne hier für eine Kraft hat. Scheint die Sonne, fühlen sich 23 Grad an wie 28 Grad bei uns. Aber wenn sie weg ist, wird es auch schnell kühler.

Trish hat uns noch einen Badeort in der Nähe der Mc Larren Falls empfohlen, der etwas privater ist und vor allem von Einheimischen besucht wird. Um dort hinzukommen muss man aber erst einen Fluss überqueren und einen etwas zugewachsenen Pfad entlang gehen. Das war ein bisschen unpraktisch, weil wir alle lange Hosen und Turnschuhe anhatten. Schwimmsachen hatten wir auch nicht dabei, weil wir dachten es wäre eh zu kalt. Im Nachhinein haben wir uns darüber echt geärgert. Jan und Niels sind dann einfach in Boxershorts schwimmen gegangen. Jan und ich sind einen Tag nach der Arbeit noch einmal hingefahren, dann konnte ich doch auch noch dort schwimmen.



Einen anderen Tag hat Nele mir die Haare mit einer von Trish ausgeliehenen Frisörscheren geschnitten. Na ja eigentlich war es eher ein Gruppenprojekt, jeder wollte ein Schnitt machen. Aber so schlimm sieht es gar nicht aus. Am nächsten Tag habe ich dann auch noch Neles Haare geschnitten, so leicht kann man Geld sparen!


Ich muss sagen, ich bin echt positiv überrascht von unserem ersten Job. Zitronen pflücken ist jetzt nicht der tollste Job, aber die Arbeit war ok. Aber das wichtigste war, wir hatten echt Glück mit unseren Arbeitskollegen und unserem Chef. Zuerst haben Nele und ich uns etwas geärgert, dass die Jungen mehr verdienen, obwohl sie ja eigentlich das Gleiche machen und wir uns um den Job gekümmert haben. Aber wir hatten so viel Spaß mit Trish, Mania und Russell und das ist ja viel mehr wert. Russell hat uns ein einzigartiges Erlebnis beschert, dass wir bestimmt nie vergessen werden und ein absolutes Highlight bisher war. Er hat mit uns einen Rundflug hoch nach Coromandel und Rotorua gemacht. Ich bin noch nie mit so einem kleinen Flugzeug geflogen und dann noch die Aussicht auf Neuseeland von oben! Mir haben wirklich die Worte gefehlt. Ich konnte es gar nicht fassen, als Russell mir für kurze Zeit das Steuer überlassen hat. Ich bin selber ein Flugzeug geflogen! Das macht wirklich nicht jeder Arbeitgeber mit seinen Arbeitern und dafür waren Nele und ich auch so dankbar.




Corona mit selbst gepflückten
Zitronen
Aber nicht nur das. Unser letzter Arbeitstag war am Donnerstag, einfach aus dem Grund, dass es keine Früchte mehr gab. Wir hatten alles leer gepickt. Für die gute Arbeit, die wir alle geleistet hatten lud Russell noch zum BBQ ein. Es war wirklich ein schöner Nachmittag, wir haben ein paar Bierchen zusammen getrunken, Dart und Billard gespielt und einfach ein bisschen geplaudert. Zum krönenden Abschluss gab es noch Jägermeister, den Russell extra für uns gekauft hatte und uns sogar noch die restliche Flasche schenkte. Nach einer Runde Flying Hirsch oder wie es hier genannt wird, Jägerbombs, verabschiedeten und bedankten uns für die schöne Zeit, die wir mit ihnen hatten.


Mit Roxy und Trish



2 Kommentare:

  1. Super, macht weiter so. Liebe Grüße von Paps

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  2. Das ist ja alles ganz fantastisch. Die bilder zeigen eine wundervolle Landschaft, ihr erlebt wirklich etwas ziemlich einmaliges. wünsche euch weiterhin eine tolle Zeit mit vielen spannenden Erlebnissen und netten Leuten. Liebe Grüße Oma

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