Nach
unserem Kurztrip nach Rotorua und Taupo kamen wir am Montagabend
zurück nach Tauranga in die Bell Lodge. Uns wurde eine Unit
zugewiesen, mit einem eigenem Badezimmer und Küche, da die anderen
Zimmer alle belegt waren. Dafür mussten wir pro Person nur 160$ pro
Woche bezahlen, was wirklich ziemlich günstig ist. Doch die
Bewertungen, die wir uns im Internet angeschaut hatten, waren alle
ausnahmslos negativ. Es wurde von einem aggressiven Besitzer
geschrieben und einem unhygienischen, dreckigen Zustand der Zimmer
und der Gemeinschaftsküche. Leider muss ich die meisten dieser
Eindrücke bestätigen. Über die aggressiven Besitzer konnten wir
noch keine Auskunft geben, da diese für zwei Wochen verreist waren
und wir erst einmal nur ihre Vertretung kennengelernt haben, die
eigentlich ganz nett war. Aber das ganze Hostel war wirklich super
dreckig. An einem Tag kam sogar ein „pest control – rent to kill“
Auto in die Bell Lodge. In der Gemeinschaftsküche gab es nur eine
Pfanne und zwei Töpfe, sodass man abends immer lange warten musste,
bis die Sachen frei wurden. Und insgesamt waren die Leute, die in
diesem Hostel rumliefen, alle etwas eigenartig. Und dann noch diese
verschmitzt grinsende Glocke auf den Schildern...Wir fühlten uns
einfach nicht wohl dort, aber wenigsten waren wir die ersten beiden
Wochen in der Unit, konnten die Küche und das Bad dort benutzen und
waren insgesamt etwas separiert.
An
unserem ersten Tag mussten wir erst einmal die
Sicherheitsvorschriften mit Russell durchgehen und er zeigte uns
unsere Arbeitsausrüstung. Diese besteht aus einer Tasche, die über
Schulter und Hüfte geschnallt wird, Baumwollhandschuhen und einem
Zitronenknipser. Als er uns gerade seine Zitronenfelder zeigen
wollte, trafen wir zum ersten Mal auf unsere künftigen
Arbeitskollegen. Trish, eine super liebe und herzliche
Neuseeländerin. Sie arbeitet schon seit vier Jahren auf der
Plantage. Ihre Tochter Mania, die nur ein Jahr älter ist als wir und
sich neben ihrem Studium etwas Geld dazu verdienen will. Und
Christina war die ersten beiden Wochen dabei. Sie kommt aus
Deutschland und bleibt für ein Jahr in Neuseeland, ist aber schon 28
und hat für knapp drei Monate dort gearbeitet, um sich Geld für
ihre Weiterreise zu verdienen.
Nach
der kleinen Stärkung ging es dann ans richtige Arbeiten. Trish und
Russell zeigten uns, welche Früchte wir „picken“ sollen und
welche am Baum bleiben, wie genau man schneidet usw… Am Anfang
arbeiteten Nele und ich an getrennten Bäumen mit jeweils einer der
anderen beiden Erfahrenen. So konnten sie uns noch etwas über die
Schulter schauen. Aber spätestens nach einer Woche hatten man den
Dreh aus und wurde schneller. Die Arbeit ist körperlich ziemlich
anstrengend, denn viele Früchte kann man nur gebückt pflücken oder
muss auf den Baum hinaufklettern. Und eintönig, denn das Prinzip ist
logischerweise immer das gleiche: So lange Früchte „picken“ bis
der „bag“ voll ist, den „bag“ in der „bin“ ausleeren,
zurück zum Baum, so lange weiter machen, bis am Baum keine Zitronen
mehr sind und dann zum Nächsten. Das fieseste sind aber die
„spikes“. Ich wusste echt nicht, dass Zitronenbäume solche
krassen Stacheln haben. Meine Arme sind so unglaublich zerkratzt und
das obwohl wir uns ein langärmliges Arbeitshirt im second hand shop
gekauft haben.
Wir
waren am nahe gelegenen Mount Manganui, sind dort den Strand entlang
geschlendert und haben den Surfern zusehen. Das war auch der erste
Tag, an dem das Wetter endlich mal richtig schön war. Als wir den
Mount Manganui erklommen haben, sind wir ziemlich ins Schwitzen
gekommen. Aber von oben hatten wir einen grandiosen Ausblick. Danach
haben wir uns zur Belohnung ein Eis geholt und es genüsslich am
Strand geschleckt. Und wen haben wir dann mal wieder getroffen. Den
Robert!



Als
das Wetter gut war, sind wir nach der Arbeit auch einfach nochmal zum
Strand gefahren und haben uns ein wenig in die Sonne gelegt. Baden,
waren wir im Meer bisher aber noch nicht.

Trish
hat uns noch einen Badeort in der Nähe der Mc Larren Falls
empfohlen, der etwas privater ist und vor allem von Einheimischen
besucht wird. Um dort hinzukommen muss man aber erst einen Fluss
überqueren und einen etwas zugewachsenen Pfad entlang gehen. Das war
ein bisschen unpraktisch, weil wir alle lange Hosen und Turnschuhe
anhatten. Schwimmsachen hatten wir auch nicht dabei, weil wir dachten
es wäre eh zu kalt. Im Nachhinein haben wir uns darüber echt
geärgert. Jan und Niels sind dann einfach in Boxershorts schwimmen
gegangen. Jan und ich sind einen Tag nach der Arbeit noch einmal
hingefahren, dann konnte ich doch auch noch dort schwimmen.
Aber
genug gemeckert, kommen wir jetzt zu unserem lemon picking job. Am
Dienstagmorgen war unser erster Arbeitstag. Wir arbeiten nicht alle
auf dem selben „Orchard“, aber direkt nebeneinander bei zwei
befreundeten Zitronenbauern. So setzten uns Jan und Niels jeden
Morgen um kurz vor acht bei Russell, unserem Arbeitgeber ab und
fuhren dann noch ein kleines Stückchen weiter zu der Plantage ihres
Chefs Bob.
Alle
zusammen gingen wir in Russells Haus, denn es war morning tea time.
Wir bekamen einen Tee und selbstgebackenen Kuchen, kein schlechter
Beginn des ersten Arbeitstages. Nele und ich fühlten uns schnell
wohl bei Russell, denn wirklich alle waren super nett und offen.
Bei heißen Wetter in praller Sonne ist es besonders
schön langärmlig zu arbeiten. Aber schlimmer ist es bei Regen. Wir
können uns zwar von Russell einen raining coat ausleihen, aber man
wird trotzdem komplett nass, weil die Flüssigkeit in die Ärmel rein
läuft, wenn man sich streckt. An einem Tag war es so schlimm und
Nele und ich waren so durchgefroren, dass Trish unsere Klamotten in
der Mittagspause schnell in den Trockner getan hat. Meistens sind wir
später zur Arbeit gekommen, wenn es morgens geregnet hat, aber
selbst wenn es aufgehört hatte, waren die Bäume noch komplett nass.
An manchen Tagen, wenn es stark regnete, fiel die Arbeit im wahrsten
Sinne des Wortes ins Wasser und wir bekamen den Tag spontan frei.
Ansonsten arbeiteten wir jeden Tag von 8 Uhr bis 15:30 Uhr. Dabei
hatten wir eine bezahlte Frühstückspause, die „morning tea time“
von 10:30 – 10:45 Uhr und eine halbe Stunde Mittagspause um 13 Uhr.
An einem Tag haben wir sogar samstags gearbeitet.
Nele
und ich mussten nach der Arbeit noch eine halbe Stunde auf die Jungen
warten, da die bis 16 Uhr arbeiteten. Netterweise hat uns Russell
sein Wlan Passwort gegeben, um die Zeit zu überbrücken. Das war
echt praktisch, denn das Wlan in der Bell Lodge funktionierte leider
nicht.
Wenn wir dann von der Arbeit zurückkamen waren wir alle
ziemlich kaputt und hungrig. Meistens machten wir uns nur noch etwas
zu essen, spielten ein bisschen Karten und gingen dann schlafen. Das
einzig gute an der Bell Lodge war, dass es dort viele Dvds gab, die
man sich ausleihen konnte. Unter anderem auch die Herr der Ringe und
Hobbitteile. Es war echt cool, die Teile nochmal zu gucken, nachdem
wir in Hobbitton waren. Wir haben vieles wieder erkannt und haben
mehr auf Details geachtet. Außerdem haben wir alle jetzt jeweils einen
Spitznamen einer der Charaktere. (Nele ist Gimli haha)
Nach
den zwei Wochen in der Bell Lodge kamen die Besitzer wieder. Wir
hatten zuerst echt Angst in das Büro zu gehen. Aber sie waren gar
nicht so schlimm wie im Internet beschrieben. Also merkwürdig, wie alle Leute dort, aber auch
nicht mehr als die anderen. Die schlechte Nachricht war aber, wir
mussten aus der Unit raus. Und dann kamen wir nicht mal in ein
Zimmer, sondern wurden auf drei verschiedene aufgeteilt. Wir alle
wollten nur noch weg aus der Bell Lodge. So kamen wir auf die Idee,
den Arbeitergeber der Jungen, Bob, zu fragen, ob wir dort wohnen
können. Denn Jan und Niels hatten gesehen, dass es neben der Scheune
noch ein kleines extra Häuschen gab. Und Bob war einverstanden! So
konnten wir nach drei Wochen endlich die Bell Lodge verlassen und es
hatte eigentlich nur Vorteile. Zum Einen, war das Haus super gut
eingerichtet, sauber und noch 50$ pro Woche günstiger als die Bell
Lodge. Zum anderen müssen wir nicht mehr jeweils eine halbe Stunde
zur Arbeit und wieder zurück fahren, sparen Tankkosten und können
länger schlafen.
Das komische in der Bell Lodge war, dass
anscheinend beim Besitzerwechsel irgendwie unter gegangen war, dass
wir für eine Woche nicht bezahlt hatten. Wir wunderten uns die ganze
Zeit, wann sie wohl auf uns zu kommen und das Geld einforderten. Aber
niemand kam. Am Vorabend unseres Umzuges gaben wir die Schlüssel ab,
erhielten unser key deposit zurück und checkten aus. Und immer noch
hatten sie nichts gesagt. Als wir aus dem Büro rauskamen, konnten
wir unser Glück kaum fassen. Jeder von uns hatte 160§ gespart. Aber
zu früh gefreut. Natürlich ist es doch noch aufgefallen, aber
immerhin waren wir jetzt endlich aus der Bell Lodge raus und fuhren
mal wieder mit einem total überfüllten Auto zu Bob.
Das
Wochenende probierten wir, so weit es das Wetter erlaubte, zu nutzen,
um möglichst viel zu unternehmen. An einem Tag sind wir zum
Kaimai-Mamaku-Forest gefahren und haben dort einen Historical walkway
gemacht. Das war ziemlich cool, denn nicht nur die Landschaft war
schön. Man hat sich gefühlt wie ein Entdecker, der Weg ging durch
einen langen Tunnel, über Hängebrücken und auf Schienen entlang
durch eine alte Goldmine.
Das war schon echt ein Zufall.
Und
an einem anderen Tag waren wieder am Strand, sind dann noch durch die
Innenstadt gebummelt und Nele und ich haben leckere Waffeln gegessen.
An
den Mc Larren Falls, die hier direkt um die Ecke sind, waren wir auch
häufiger am Wochenende oder nach der Arbeit und haben uns in die
Sonne gelegt. Einmal waren wir dort sogar schwimmen. Das ist einfach so cool, dass man direkt nebenan einfach Wasserfälle hat, wo man nach der Arbeit hinfahren kann, um sich ein wenig zu entspannen.
Nele,
Jan und ich sind an einem Sonntag in das Kaiate Scenic Reserve &
Rerekawau Falls gefahren. Am Anfang gibt es drei einzelne Wasserfälle
und wenn man weiter geht, kommt man zu einem Großen und einer super
Bademöglichkeit. Wir haben uns sofort vorgenommen dort noch einmal
mit Badesachen hinzufahren. Wie gesagt, so getan. Am heißesten Tag
den wir hier hatten, mit 26 Grad, Sonnenschein und einem wolkenlosen
Himmel, arbeiteten wir nur bis zum Mittag und fuhren dann nochmal ins
Reserve. Arbeiten war an diesem Tag eh unerträglich, da wollten wir
das super Wetter lieber anders nutzen. Und es war einer der schönsten
Ausflüge, die wir gemacht haben für mich. Wir sind neben dem
Wasserfall von einem Felsen ins Wasser gesprungen, es war einfach
traumhaft. Ich meine sieht das nicht paradiesisch aus?
Aber
es ist echt krass, was die Sonne hier für eine Kraft hat. Scheint die
Sonne, fühlen sich 23 Grad an wie 28 Grad bei uns. Aber wenn sie weg
ist, wird es auch schnell kühler.
Einen
anderen Tag hat Nele mir die Haare mit einer von Trish ausgeliehenen
Frisörscheren geschnitten. Na ja eigentlich war es eher ein
Gruppenprojekt, jeder wollte ein Schnitt machen. Aber so schlimm
sieht es gar nicht aus. Am nächsten Tag habe ich dann auch noch
Neles Haare geschnitten, so leicht kann man Geld sparen!
Ich
muss sagen, ich bin echt positiv überrascht von unserem ersten Job.
Zitronen pflücken ist jetzt nicht der tollste Job, aber die Arbeit
war ok. Aber das wichtigste war, wir hatten echt Glück mit unseren
Arbeitskollegen und unserem Chef. Zuerst haben Nele und ich uns etwas
geärgert, dass die Jungen mehr verdienen, obwohl sie ja eigentlich
das Gleiche machen und wir uns um den Job gekümmert haben. Aber wir
hatten so viel Spaß mit Trish, Mania und Russell und das ist ja viel mehr wert. Russell hat uns ein einzigartiges Erlebnis beschert, dass wir bestimmt nie vergessen werden und ein absolutes Highlight bisher war. Er hat mit uns einen Rundflug hoch nach Coromandel und Rotorua gemacht.
Ich bin noch nie mit so einem kleinen Flugzeug geflogen und dann noch die Aussicht auf Neuseeland von oben! Mir haben wirklich die Worte gefehlt. Ich konnte es gar nicht fassen, als Russell mir für kurze Zeit das Steuer überlassen hat. Ich bin selber ein Flugzeug geflogen! Das macht wirklich nicht jeder Arbeitgeber mit seinen Arbeitern und dafür waren Nele und ich auch so dankbar.
Corona mit selbst gepflückten
Zitronen
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Aber
nicht nur das. Unser letzter Arbeitstag war am Donnerstag, einfach
aus dem Grund, dass es keine Früchte mehr gab. Wir hatten alles leer
gepickt. Für die gute Arbeit, die wir alle geleistet hatten lud
Russell noch zum BBQ ein. Es war wirklich ein schöner Nachmittag,
wir haben ein paar Bierchen zusammen getrunken, Dart und Billard
gespielt und einfach ein bisschen geplaudert. Zum krönenden
Abschluss gab es noch Jägermeister, den Russell extra für uns
gekauft hatte und uns sogar noch die restliche Flasche schenkte. Nach
einer Runde Flying Hirsch oder wie es hier genannt wird, Jägerbombs,
verabschiedeten und bedankten uns für die schöne Zeit, die wir mit
ihnen hatten.
Super, macht weiter so. Liebe Grüße von Paps
AntwortenLöschenDas ist ja alles ganz fantastisch. Die bilder zeigen eine wundervolle Landschaft, ihr erlebt wirklich etwas ziemlich einmaliges. wünsche euch weiterhin eine tolle Zeit mit vielen spannenden Erlebnissen und netten Leuten. Liebe Grüße Oma
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